Hamas - Geschichte

Hamas wurde 1987 am Anfang der Ersten Intifada als palästinensischer Arm der Muslimbruderschaft gegründet. Vor der Gründung der Hamas verzichtete die Muslimbruderschaft als wichtigste islamistische Bewegung im Gazastreifen (und mit Einschränkung im Westjordanland) zunächst weitestgehend auf gewaltsame Aktionen gegen Israel. Die Gruppe enthielt sich während der frühen siebziger und achtziger Jahre der "hohen" Politik und konzentrierte sich auf moralische und soziale Hilfe, wie etwa Angriffe auf die Korruption, sie versuchte Vertrauen aufzubauen und organisierte Gemeinschaftsprojekte. Diese Beschränkung stand jedoch ihrer Etablierung als Massenbewegung entgegen.

Die Situation änderte sich mit dem Ausbruch der Intifada. Zum ersten Mal beteiligte sich die Muslimbruderschaft aktiv am gewaltsamen Kampf und gründete dezidiert aus diesem Grund die Hamas, die sich aus ihren eigenen Reihe rekrutierte. Hinter der Entwicklung zur Gewalt, die Mitte der 1980er Jahre einsetzte, stand Scheich Ahmad Yasin. Diese Wandlung, mit der ein wachsender politischer Einfluss einherging, gilt als die eigentliche Geburtsstunde der Hamas.

Am 14. Dezember 1987 veröffentlichte die Bruderschaft eine Erklärung, die die Bevölkerung zum „Widerstand gegen die israelische Besatzung“ aufrief und die israelischen Geheimdienste beschuldigte, die Moral der palästinensischen Jugend zu unterwandern und sie als „Kollaborateure“ anzuwerben. Im Januar 1988 erschien der Organisationsname „Hamas“ erstmals auf einem Flugblatt. Im selben Monat übertrug Yasin Scheich Jamil Hamami die Leitung der Hamas im Westjordanland.

Der politisch-karitative Arm der Hamas wurde in dieser Zeit von Israel anerkannt. Zunächst erfolgte neben einer finanziellen Unterstützung auch organisatorische Hilfen. Einige Forscher, wie etwa Abu-Amr, mutmaßen, dass Israel die Hamas (bzw. ihre Vorgängerin) gewähren ließ, nicht nur, weil sie nicht als Gefahr eingeschätzt wurde, sondern auch, um sie der weltlichen Fatah-Bewegung Yassir Arafats entgegenzusetzen.

Die Hamas fing mit „Bestrafungen gegen Kollaborateure“ an; die Entwicklung ging dann über Angriffe gegen das israelische Militär schließlich zu gezielten terroristischen Anschlägen gegen Zivilisten. Wie ihre Methoden hat sich auch ihre Rhetorik in den letzten dreißig Jahren geändert und besagt nun, alle israelische Zivilisten seien – aufgrund der Wehrpflicht – „militärische Ziele“.

Entsprechend dem halboffiziellen historiographischen Dokument Wahrheit und Bestehen über die Hamas, durchlief diese vier Hauptstadien: 1967-1976: Aufbau der Muslimbruderschaft im Gazastreifen. 1976-1981: geographische Expansion im Gazastreifen und im Westjordanland und Gründung von Einrichtungen, z. B. al-Mudschammaʿ al-islami, al-Dschamʿiyya al-islamiyya und der islamischen Universität in Gaza.

  1. 1981-1987: politischer Einfluss durch Vorbereitung auf den bewaffneten Kampf.
  2. 1987: Gründung der Hamas als kämpfender Arm der Muslimbruderschaft in Palästina und der Ankündigung des „fortwährenden Dschihad“. Die Muslimbruderschaft im Westjordanland erregte anfänglich kaum Aufsehen durch die Bildung oder Steuerung von öffentlichen Institutionen. Sie stellte eine höhere soziale Schicht – Kaufleute, Grundbesitzer und Beamte, und nahm bis Mitte der 1980er Jahre wesentliche Positionen in den religiösen Institutionen des Westjordanlandes ein. Hier bildete sie einen wesentlichen Bestandteil der Jordanischen Islamischen Bewegung, die sich einige Jahre mit dem Haschemitenregime verbündete.

In der Zeit zwischen September 2000 und Mai 2003 wurden 1400 israelische Zivilisten Opfer von 27 Selbstmordanschlägen; 200 Menschen kamen dabei ums Leben. Weitere zwölf Selbstmordanschläge schlugen fehl. An öffentlichen Orten wie Einkaufspassagen, Tiefgaragen, Restaurants und Hochhäusern explodierten zahlreiche Sprengsätze. In der Regel war die Zivilbevölkerung das Ziel der Anschläge. Nur wenige galten Einrichtungen der israelischen Armee.

Die im Rahmen eines Friedensplans für den Nahen Osten ausgehandelte Waffenruhe zwischen Israel, der Palästinensischen Autonomiebehörde und militanten islamistischen Gruppen fand bereits nach zwei Monaten durch ein Attentat in Jerusalem ihr Ende, zu dem sich die Hamas bekannte.

Nach einer am 8. Februar 2005 vereinbarten Waffenruhe verübte die Hamas offiziell keine Attentate mehr selbst. Anschläge anderer Gruppen wurden jedoch gerechtfertigt. So bezeichnete ein offizieller Sprecher der Hamas es als „Selbstverteidigung“, als sich am 17. April 2006 ein 15-Jähriger aus Dschenin vor einem Schnellimbiss in Tel Aviv in die Luft sprengte und dabei acht Menschen tötete - über 60 Menschen wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Zu dem Anschlag bekannten sich sowohl die Gruppe Islamischer Dschihad als auch die Al-Aqsa-Brigaden der Fatah. Nach einem fehlgeleiteten israelischen Angriff auf ein Wohnviertel nahe Bait Hanun im Gazastreifen mit 24 Toten wurde die Waffenruhe am 8. November 2006 von der Hamas für beendet erklärt und angekündigt, wieder Anschläge in Israel durchzuführen.

Zur Erfüllung ihrer Ziele nahm die Hamas auch an demokratischen Wahlen teil. Bei den Wahlen innerhalb der Palästinensischen Autonomiebehörde am 25. Januar 2006 erhielt sie auf Anhieb gut 44 % der Stimmen und die absolute Mehrheit der Mandate und wurde nach dem Rücktritt Ministerpräsident Ahmad Qurais (Fatah) mit der Regierungsbildung beauftragt. Zudem beteiligte sich die Hamas auch an den Wahlen für die Handelskammer des Westjordanlandes. Als Gründe für den Wahlsieg der Hamas wurde von westlichen Beobachtern einerseits eine zunehmende Radikalisierung in dem über Jahrzehnte ungelösten Konflikt ausgemacht, andererseits aber auch das soziale Engagement der Hamas und die Frustration der palästinensischen Bevölkerung über eine unter der Fatah weit verbreitete Korruption als Faktoren genannt.

Nach dem Wahlsieg der Hamas sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice Palästinas Präsident Mahmud Abbas (Fatah) ihre Unterstützung zu und erteilte gleichzeitig einem Dialog mit der Hamas eine Absage. Ein wesentliches Problem für die Hamas-Regierung stellte die Finanzierung der Staatsbeamten dar, da die palästinensische Regierung überwiegend von der EU und den USA finanziert wird, diese jedoch die Zahlungen nach dem Wahlsieg der Hamas mit der Begründung einstellten, die Hamas erkenne das Existenzrecht Israels nicht an und sei kein geeigneter Partner für den Friedensprozess. Auf diese Weise unter Druck geraten, trat die Hamas-Regierung im September 2006 geschlossen zurück und willigte in eine Regierung der Nationalen Einheit mit der konkurrierenden, säkular-gemäßigten Fatah ein, wodurch die Zahlungen wieder aufgenommen wurden. Diese "große Koalition" sollte zugleich dafür sorgen, die zunehmend gewaltsamen Spannungen zwischen den beiden größten palästinensischen Parteien zu überwinden. Ministerpräsident wurde das Hamas-Mitglied Ismail Haniyya.

Die Regierungskoalition wurde jedoch schon neun Monate später wieder aufgelöst. Dem vorangegangen war der Kampf um Gaza. Nach wochenlangen, blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hamas- und Fatahmilizionären griffen am 12. Juni 2007 bewaffnete Verbände der Hamas das Fatah-Hauptquartier und weitere Ziele der verfeindeten Organisation an und konnten im Laufe des Konflikts den gesamten Gazastreifen unter Kontrolle bringen. Dabei wurden zahlreiche Fatahmitglieder getötet oder zur Flucht in benachbarte Regionen gezwungen. Der Palästinenserpräsident und Fatah-Vorsitzende Mahmud Abbas setzte Ismail Haniyya als Ministerpräsident ab und bildete im von der Fatah kontrollierten Westjordanland eine Notstandsregierung ohne Hamas-Beteiligung. Abbas wurde dabei von den USA, der EU, aber auch von der Arabischen Liga unterstützt. Die Hamas lehnte die Auflösung der Regierung als unrechtmäßig ab, ohne jedoch die alleinige Kontrolle über den Gazastreifen aufzugeben.

Menschenrechtsorganisationen warfen beiden Konfliktparteien schwere Verstöße gegen fundamentale Menschenrechte und Kriegsverbrechen wie die Hinrichtung von Gefangenen, das Erschießen von Zivilisten sowie Kämpfe in Krankenhäusern und den Missbrauch von Ambulanz- und Pressefahrzeugen für Kampfeinsätze vor. Generell verschlechterte sich die Menschenrechtslage und die Lebensbedingungen der Zivilbevölkerung im Gazastreifen nach der Machtübernahme der Hamas erheblich. Presse- und Bürgerrechte wurden nicht mehr gewährleistet, Internetcafes und Restaurants wurden geschlossen. Zudem kam es der Menschenrechtsorganisation amnesty international zufolge vermehrt zu willkürlichen Festnahmen, Folterungen und Misshandlungen politischer Oppositioneller. Zudem war eine starke Zunahme von Raketenangriffen auf israelisches Territorium zu verzeichnen.

Im Sommer 2008 kam es nach ägyptischer Vermittlung zu einem sechsmonatigen Waffenstillstand, den Hamas-Anführer Chalid Maschal als "Taktik" im Kampf gegen den jüdischen Staat bezeichnete. Nach Ablauf des brüchigen Waffenstillstands flammten die Raketenangriffe der Hamas auf Israel erneut auf, was zur israelischen Operation Gegossenes Blei führte.